Unsere Arbeit in Nepal

Unsere Mitarbeiter von Provide unterstützen lokal in Nepal tatkräftig die Arbeit von Human Development & Community Services (HDCS)

Human Development and Community Services (HDCS) wurde von Dr. Tirtha Thapa vor über 30 Jahren ins Leben gerufen. Als er noch ein Teenager im Alter von 15 Jahren war, erlebte er den tragischen Tod seines Vaters aufgrund fehlender medizinischer Grundversorgung in seiner Heimat Lamjung. Das erweckte den Wunsch in ihm, eine gute medizinische Versorgung in den ländlichen Gemeinden aufzubauen. Dadurch motiviert verließ er im Alter von 16 Jahren sein Dorf und zog nach Kathmandu. Nach vielen Jahren Studium und harter Arbeit gründete er im Jahr 1991 HDCS als eine nichtstaatliche, gemeinnützige Organisation, mit dem Ziel, den Armen und Ausgegrenzten Gerechtigkeit zu bringen. Die ersten Projekte von HDCS waren kommunale soziale Dorfentwicklungsprojekte; wie Bereitstellung von sauberem Trinkwasser, Schulbildung, Nothilfe sowie den Bau von Hängebrücken in abgelegenen ländlichen Gebieten Nepals. Gegenwärtig konzentriert sich HDCS auf ihre drei Hauptbereiche Gesundheit, Bildung und Gemeinwesen.

Die folgenden Erlebnisberichte stehen beispielhaft für viele Schicksale, die unseren Mitarbeitern in den drei entlegenen Krankenhäusern von HDCS täglich begegnen.

Völlig verzweifelt kam die Mutter mit Sarla in der Notaufnahme an ...

Sarla hatte hohes Fieber und war erschreckend lethargisch. Die Eltern sind sehr besorgt und bringen das 8 jährige Mädchen in das HDCS Krankenhaus nach Chaurjahari. Sarlas Gliedmaßen waren von Geburt an nicht richtig ausgebildet und sie war nicht in der Lage selbstständig zu gehen. Ihre Eltern hatten schon in der Vergangenheit alles ihnen mögliche versucht und waren bei vielen verschiedenen Ärzten und Heileren gewesen.  Ihre finanziellen Reserven waren so gut wie verbraucht. Auch ihr Vater ist eingeschränkt und hat Schwierigkeiten beim Gehen.

Völlig verzweifelt kam die Mutter mit Sarla in die Notaufnahme des Krankenhauses. Ihre Lippen zitterten, als sie zu sprechen versuchte und Tränen liefen ihr über das Gesicht. Nach einigen Tests stellten die Ärzte fest, dass Sarla eine schwere Harnwegsinfektion hatte. Zehn Tage musste sie im Chaurjahari  Krankenhaus medizinisch versorgt werden. Sie erhielt kostenlose Verpflegung und verbrachte ihre Tage auf der Station mit Schreiben und Lernen. Als sie sich von ihrer Infektion vollständig erholt hatte, wurde sie nach Hause entlassen. Ihr Vater wollte die Krankenhausrechnung zahlen. Als ihm gesagt wurde, dass er die Behandlung seiner Tochter nicht bezahlen müsse, konnte er es kaum glauben. Das Chaurjahari Krankenhaus kann aufgrund eines Projektes zur Kindergesundheit viele Kinder kostenlos behandeln. Die Familie ging mit einem frohen und dankbaren Herzen und einer geheilten Tochter nach Hause.

Die Wunde am großen Zeh heilte nicht...

Prakash Pun ist 62 Jahre alt und lebt in Lukum im Osten von Rukum eine entlegen Distrikt in den Bergen von Nepal. Er kam zum Chaurjahari Krankenhaus, weil er eine Wunde an seinem rechten großen Zeh hatte, die nicht heilte. Seit über zwei Monaten wurde er schon von den traditionellen Heilern mit  vielen Kräutermedikamenten und ritualen behandelt. . Aber nichts half. Sein Fuß wurde täglich schlimmer. Verzweifelt besuchte er zusammen mit seiner Frau als letzte Möglichkeit das Chaurjahari Krankenhaus von HDCS  auf.

Um das Krankenhaus zu erreichen, mussten sie zwei Tage lang mit dem Bus fahren. Das Geld hierfür konnten sie fast nicht aufbringen. Die Untersuchung im Krankenhaus ergab, dass er unter Diabetes litt und die Wunde an seinem Fuß schon eine schwere Folge aufgrund dieser Erkrankung war.

Die Ärzte versorgten Prakash Pun mit Medikamenten gegen Diabetes und pflegenten täglichen seines verletzten Zehen. Ihm wurde erklärt wie man mit Diabetes umgeht und leben kann. Als er sich zu erholen begann, wollte er sofort nach Hause zurückkehren, weil er kein Geld für Krankenhausrechnung hatte und er diese so gering als möglich halten wollte.

Nachdem die Mitarbeiter im Krankenhaus davon erfuhren, bekam er kostenlose medizinische Versorgung und sogar essen für sich und seine Frau.Prakash und seine Frau Tara konnten es kaum glauben und waren sehr erleichtert. Insgesamt blieben sie sechs Wochen lang im Krankenhaus, bis seine Wunde vollständig verheilt und sein Diabetes unter Kontrolle war. Die Mitarbeiter des Krankenhauses versorgten sie mit ordentlicher Marschverpflegung, denn sie beschlossen, zu Fuß nach Lukum zurückzukehren, ein Viertagesmarsch.

Wir verbrachten viel Zeit mit ihm

Wieder ins normale Leben zurück gefunden

Ein Arzt unserer Partnerorganisation berichtet:

"Ein Teenager betritt mit einem lächelndem Gesicht die Rezeption unseres Krankenhauses und begrüßt mich mit dem landesübliches Gruß: "Namaste Doktor" (Guten Tag, Herr Doktor). "Namaste" antworte ich ganz automatisch. "Haben Sie mich erkannt?" fragt der junge Mann ungeduldig und nimmt kurz seine Maske vom Gesicht. Ich bin verwirrt. Eine Dame neben ihm sagt: "Es ist mein Sohn, letzten April wurde er hier mit Sprachstörungen, komplett durcheinander und mit auffälligem Verhalten eingeliefert!" Jetzt erinnere ich mich. Oh ja, es ist Krishna aus Mushikot Rukum, einem der entlegensten Gebieten in Nepal. Seine Geschichte kam mir wieder ins Gedächtnis. Krishna war ein Junge, der sich auf seine Abschlussprüfung in der 10. Klasse vorbereitete. Er war ein guter Schüler. Als COVID 19 nach Nepal kam, wurde seine Abschluss Prüfungen sehr kurzfristig, nur einen Tag vorher abgesagt, da der Lockdown verordnet wurde. Sein Vater arbeitete in den Golfstaaten und verlor von jetzt auf gleich seinen Job. Der Junge konnte nicht mehr gut schlafen, fing an unzusammenhängend zu reden und zeigte sehr auffälliges Verhalten. Zunächst wurde er ins örtliche Krankenhaus gebracht, die konnten ihm aber nicht wirklich helfen. Erst danach wurde er in unser Krankenhaus, dem Chaurjahari Hospital Rukum (CHR) gebracht. CHR ist eines der Krankenhäuser die Human Development & Community Services (HDCS), eine unserer Partner-Organisationen in Nepal, in entlegenen Gebieten von Nepal betreiben. Als er hierher kam, fing er an, laut zu lachen, zu weinen, zu schreien und durch das Krankenhaus zu rennen – es schien, als hätte er den Verstand verloren. Damals weinte seine  Mutter sehr viel. Wir haben keinen Psychiater in unserem Krankenhaus, und konnten auch keinen Auswärtigen für ihn finden. Doch wir behielten den Jungen bei uns und behandelten ihn nach unserem besten Wissen. Wir verbrachten viel Zeit mit ihm und nach drei Wochen ging es ihm wieder besser. Und jetzt, wo ich ihn hier wieder treffe, erkenne ich ihn fast nicht wieder, so sehr hat er sich zum Positiven verändert.

Diesmal brauchte er keine Medikamente mehr. Wir waren sehr glücklich, Krishna so wieder zu sehen. Er und seine Mutter kamen nur, um dem Krankenhausangestellten von ganzem Herzen DANKE zu sagen, dass sie ihm wieder ins normale Leben geholfen haben. Heute ist Krishna in der 11. Klasse und kommt in der Schule wieder sehr gut zurecht."

 

Hilflose Panik

Februar 2021

Ein Corona-Hilfsprogamm entsteht

Tashima*, 27 Jahre, kehrte im Frühsommer 2020 aus Kuwait nach Nepal zurück. Aufgrund der Corona-Pandemie musste sie zunächst in Quarantäne. Im Anschluss wurde sie zu ihrem großen Schreck positiv auf COVID-19 getestet. Anfänglich hatte sie Fieber und Halsschmerzen. Doch dann wurde Tashima im Gunjaman Hospital Chitwan  (GHC) einem lokalen Krankenhaus von Human Development and Community Services (HDCS) einer unserer Partner-Organisationen in Nepal aufgenommen.

Aufgrund des mangelnden gesellschaftlichen Bewusstseins und der ungenügenden Information über COVID-19 war sie stark verunsichert, entwickelte eine innere Panik und wurde depressiv. Nicht nur sie, sondern die Menschen in ihrem Dorf hatten große Angst. Die Nachbarn beschimpften ihre Familie, nachdem sie herausgefunden hatten, dass deren Tochter positiv auf COVID-19 getestet wurde. Ihr wurde die Schuld gegeben, Corona aus dem Ausland ins Land geschleppt zu haben. Das entmutigte Tashima immer mehr.

Das medizinisches Fachpersonal und die Ärzte des GHC behandelten sie symptomatisch, versorgten sie mit Medikamenten und kümmerten sich zusammen mit Beratungsdiensten um ihre psychische Gesundheit. Schon nach 11 Tagen Krankenhausaufenthalt gewann sie den Kampf gegen COVID-19.

Aufgrund der feindlichen Entwicklung innerhalb des Ortes, sah sich der Bürgermeister, mit Unterstützung der GHC Mitarbeiters, in der Pflicht, hier Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Während sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, organisierte dieser ein kleines Programm mit der Gemeinde, den Bezirksvorstehern und dem örtlichen Sicherheitsdienst, um die Sicherheit von Tashima zu gewährleisten. "Ich habe gegen COVID-19 und meine Selbstmordgedanken gewonnen, nachdem ich so viel Liebe, Fürsorge, Motivation und Beratung durch das Krankenhauspersonal im GHC erhalten habe", erzählte Tashima dem Bürgermeister. Das Stadtoberhaupt bot ihr daraufhin einen Job als Sozialarbeiterin für andere COVID-19-Patienten an. So entstand erstmalig ein gut durchdachtes, ganzheitliches  Corona- Hilfsprogramm.

*Name geändert

 

Sie nahmen die Leprakranke in den Arm

März 2020

Gebannt hören wir zu, wie Yahnaa*, eine unscheinbare Frau Mitte 40, ihre Geschichte erzählt. Wir feiern das 68. Jubiläum unserer lokalen Organisation Internationale Nepal Fellowship  (INF). An Yahnaas leicht gekrümmten Fingern, den Hautverfärbungen und Narben lässt sich erahnen, was ihr Leben geprägt hat. Mit leiser Stimme erzählt sie: „Als Kind lebte ich mit meiner Mutter alleine im Dorf. Wir wussten nicht, wo mein Vater geblieben war. Schon früh fing das Taubheitsgefühl an. Ich konnte Teile meines Körpers nicht mehr spüren. Meine Mutter brachte mich zu traditionellen Heilern. Diese konnten mir nicht helfen. Stattdessen verschlimmerte sich mein Gesundheitszustand. Es entwickelten sich Geschwüre und ich bekam Fieber.“ Weiter erzählt sie, dass Ihre Mutter und die Dorflehrerin in ihrer Hilfslosigkeit nicht mehr wussten, was sie tun sollten. Vor lauter Verzweiflung brachten sie das Mädchen zum INF-Krankenhaus nach Pokahra. Die Diagnose war so erschreckend, dass die Lehrerin die weinende Mutter mit ihrer verstörten Tochter in der großen, unbekannten Stadt zurückließ. Yahnaa war noch zu jung, um zu verstehen, was das Wort Lepra bedeutete, aber die Reaktionen der beiden Frauen waren dramatisch für das junge Mädchen. Die Mitarbeiter im Krankenhaus behandelten die Geschwulste und versorgten sie mit Medizin. Doch das Elend hatte noch lange kein Ende. Zurück in ihrem Heimatdorf wurde sie abgelehnt, bedroht und diskriminiert, in der Schule von Klassenkameraden beschimpft und misshandelt. „Meine Lehrerin weigerte sich, meine Schulhefte zu berühren und mich weiter zu unterrichten“, berichtet Yahnaa. Mit elf Jahren ertrug sie es nicht mehr und lief weg, zurück in die Stadt Pokhara.

Sie lebte auf der Straße und bettelte um Essen, als Mitarbeiter von INF sie fanden und zurück ins Krankenhaus brachten. Erneut wurde das Mädchen medizinisch behandelt. Ergreifender für sie aber war die Liebe, die sie erlebte und die Heilung ihrer seelischen Wunden. „Die Menschen im Krankenhaus nahmen mich in den Arm. Sie hatten keine Angst, mich zu berühren und interessierten sich für mich und mein Wohlergehen“, erzählt sie.  „Ich erlebte ganzheitliche Heilung“, schloss Yahnaa ihren Bericht.

Wir wischen uns die Tränen aus den Augen. Yahnaa ist heute verheiratet und hat drei Kinder, die alle fest im Leben stehen. Sie ist ein aktives Mitglied in ihrer Dorfgemeinschaft . Weiter arbeitet sie als freiwillige Dorfgesundheitsbeauftragte für schutzbedürftige Frauen und Kinder. Damit möchte sie ein Segen für andere sein, wie sie es damals selbst erlebte.

Yahnaa ist ein Vorbild für uns und ein Beispiel für die Früchte der nun über 68-jährigen Arbeit von INF in Nepal.

* Name geändert

Aus dem Erdbeben gelernt und eine Katastrophenhilfe aufgebaut

August 2019

Interview mit Krishna Adhikari, dem Leiter von INF-Nepal, einem Partner von Provide

Seit wann arbeiten Sie für Ihre Organisation?

Mein Bruder bot mir vor 27 Jahren einen Job bei INF-Nepal an. Ich war damals 18 Jahre alt. Zunächst arbeitete ich als Schreibkraft und habe als Sprachhelfer ausländische Experten in Nepali unterrichtet. Seither war ich in den verschiedensten Aufgaben tätig, die letzten zwölf Jahre als Finanzdirektor, bis mich der Vorstand bat, die Leitung zu übernehmen. Ich hätte nie gedacht, dass ich unsere Hilfsorganisation einmal leiten würde. 27 Jahre waren ein langer Weg. Oft wussten wir als Familie nicht, was als nächstes kommt. Es ist wunderbar, wie wir versorgt und beschützt waren und uns dabei sicher fühlten.

Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit Provide?

Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung durch Provide. Sie schicken uns leidenschaftliche Mitarbeiter aus Europa und helfen finanziell in Projekten. Besonders dankbar sind wir für die Nothilfe nach dem verheerenden Erdbeben 2015. Damals konnten wir mehr als 10.000 Menschen helfen.

Was hat sich mit dem Erdbeben verändert?

Die Katastrophe war ein Weckruf für Nepal und uns als Organisation. Damals haben wir spontan Katastrophenhilfe geleistet, so gut es eben ging, doch es gab definitiv Dinge zu verbessern. Inzwischen haben wir Konzepte entwickelt, um auf Katastrophen vorbereitet zu sein, und eine Abteilung Katastrophenschutz gegründet. Wir wollen Menschen auf dem Land auf Unwetter, Erdbeben und andere Naturereignisse vorbereiten, dass sie standhalten und sich vor Ort selbst helfen können. Seit 2015 hat INF bei 15 kleineren Katastrophen im Westen Nepals reagiert, es ging dabei hauptsächlich um Dorfbrände und Überschwemmungen. Wir sind dankbar für Ihre Unterstützung dabei.

Wie ist der Wiederaufbau nach dem großen Beben gelungen?

Wir sind seit vier Jahren mit Wiederaufbau beschäftigt, dennoch sieht man noch jede Menge Zerstörung. Gerade beenden wir erfolgreich zwei Bauprojekte in Gorkha und Lamjung. Wir helfen besonders Armen, Benachteiligten und Menschen mit Behinderung. Nun konzentrieren wir uns darauf, Dörfer vor künftigen Katastrophen zu schützen.

Was sind Ihre Ziele und Projekte in Zukunft?

INF kümmerte sich immer schon um Menschen, für die sich niemand sonst interessiert, das bleibt auch in Zukunft unser Fokus. Die Vision ist: „Leben in Fülle für arme und benachteiligte Menschen in Nepal.“ Das setzen wir im medizinischen Sektor mit vier Krankenhäusern und in der Arbeit auf dem Land mit mehr als 20 Projekten um.

Was können Freunde aus Deutschland in Nepal beitragen?

Betet für unsere Projekte und das Volk von Nepal. Spendet über Provide, damit wir Menschen in Not helfen können. Und schickt uns weiterhin gute Fachleute, die in Nepal dienen. Herzlichen Dank für alle Unterstützung in den vergangenen zehn Jahren!

Noch ein Wort zu Ihren Mitarbeiter von Provide bei Ihnen in Nepal?

Ich bin wirklich dankbar für sie. Sie tun bei uns vor Ort eine hervorragende Arbeit und bringen nepalesische Leiter geistlich und fachlich voran.

Nepal

Nepal besticht durch wunderschöne Natur und eine unvergleichliche Tierwelt; von Elefanten über Tiger bis zu einer großen Schmetterlingsvielfalt. Acht der zehn höchsten Berge der Welt sind hier.

Leider ist Nepal auch eines der ärmsten Länder. Immer noch leiden Menschen an Lepra, sterben an behandelbaren Krankheiten und haben keinen Zugang zu Medizin. Ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum und hungert mehrere Monate im Jahr. Behinderte und niedere Kasten werden diskriminieret und benachteiligt.

Ein Jahrzehnt Entwicklungszusammenarbeit

März 2019

Rückblick eines Mitarbeiters

Nepal – Projektberatung und Katastrophenhilfe

Unglaublich; seit zehn Jahren leben wir als Familie nun schon in Nepal und arbeiten mit unserem lokalen Partner zusammen. Anfangs waren wir noch zu dritt. Unsere Jeti chori (Nepali, älteste Tochter) war gerade 15 Monate alt und tat ihre ersten Schritte. Wir auch …

2009 machte auch ich nach fünf Monaten Sprachschule meine ersten Schritte als Berater für die Entwicklung des Krankenhauskomplexes und stieg in die Projektarbeit mit ein, während meine Frau unser Leben organisierte. Meine Aufgaben waren Zitronengrasölproduktion, Straßen- und Gebäudeplanung, Bau bis hin zu Notstromsystemen.

2010 kam unsere Maili chori (mittlere Tochter) zur Welt und meine Frau wurde Team-Koordinatorin.

2011 entwickelte sich meine Arbeit in Richtung Erneuerbare Energien. Seither hat unser Team in Zusammenarbeit mit der deutschen Regierung mehr als 40 Photovoltaik- und Solaranlagen für Krankenhäuser und Projektbüros aufgebaut. Dazu kam die Bauleitung eines Bürokomplexes an der Grenze zu Indien und des ersten Ohrenkrankenhaus Nepals.

2013 kam Maili in die Vorschule und unser für Nepal obligatorische Sohn Kancha (der Jüngste) zur Welt. Interessanterweise machte uns danach jeder Nepali klar, dass es jetzt erstmal reiche mit den Kindern. Denn eine gebildete städtische Familie hier hat maximal zwei Kinder – damit war das auch geklärt.

2014 konnte ich das Projekt Erneuerbare Energien erfolgreich beenden und mich ganz der Baukoordination des Ohrenkrankenhauses und der Klinik in Surkhet widmen.

2015 nahm das Ohrenkrankenhaus seine Arbeit auf, seither behandeln sie täglich 60 bis 80 Patienten.

Der 25. April 2015, die Erde bebte. Mehr als 9.000 Menschen starben, 22.000 wurden verletzt, 800.000 Häuser waren zerstört oder stark beschädigt. Wir fuhren medizinische Teams und Lastwagenladungen Lebensmittel und Hilfsgüter ins Katastrophengebiet, bauten 115 temporäre Klassenzimmer für Schulen auf, lieferten Baumaterial für Häuser und versorgten 4.000 Schüler mit Büchern, Heften und Stiften. Gesundheitsstationen erhielten Medizin und Ausrüstung und Menschen mit Wirbelsäulenverletzungen wurden in unserem Krankenhaus versorgt.

2016 eröffnete INF eine Abteilung für Katastrophenhilfe und -vorsorge, sie aufzubauen war meine Aufgabe. Wir trainierten hunderte Handwerker im Bau von sicheren Häusern und trainierten Mitarbeiter und Freiwillige in Erster Hilfe, Katastrophenvorsorge und Notfallrettung. Materiallager und Kooperationsnetzwerke wurden aufgebaut. Das System bewährte sich in 20 lokalen Einsätzen, von Überschwemmungen über Erdrutsche bis hin zu Bränden.

2018 kam Kancha in die Schule. Meine Frau übergab die Teamkoordination an den neuen Leiter und übernahm eine Teilzeitstelle als Lehrerin. Das Fistula-Krankenhaus für Geburtshilfe öffnete seine Pforten. Unsere Partnerorganisation bekam einen neuen Direktor. Man berief mich zum Leiter der neuen Abteilung für Partnerschaft und Öffentlichkeitsarbeit. Seither habe ich unsere NGO auf den Philippinen, in Thailand, Deutschland, USA und Nepal auf Konferenzen und Partnertreffen vertreten, während meine Frau mit den Kindern den Schulstress, ihre Aufgabe als Teilzeitlehrerin und den Alltag in Nepal bewältigte.

2019 schauen wir dankbar auf zehn gesegnete Jahre zurück. Unsere Kinder sind in Nepal großgeworden und sehen es als Heimat. Wir haben wunderbare Erfolge erlebt, aber auch schwere Zeiten, wenn wir auf Visa warten mussten, mit Krankheiten und Verlusten zu kämpfen hatten oder mit immer neuen Veränderungen. Wir wissen uns am rechten Ort und stehen benachteiligten Menschen zur Seite. Gespannt erwarten wir die nächsten Jahre und sind von Herzen froh, dass wir diesen Weg nicht alleine gehen …

 

Ohrenkrankenhaus in Pokhara

November 2015

Nach über 4 Jahren Planung und 19 Monaten Bauzeit sind wir froh und dankbar, dass das neues
INF Ohrenkrankenhaus in Pokhara fertiggestellt wurde. Unser PV-Mitarbeiter war hier maßgeblich in der Planung und Elektrik beteiligt. Am 3. Nov. fand die Eröffnung im Rahmen eines zweiwöchigen Ohrencamps statt. 

Das Ohrenkrankenhaus in Pokhara ist per Webcam zu bestaunen:
www.ear-for-nepal.org/#!webcam/c1uev

Einführung von erneuerbaren Energien

In Kooperation mit unserem nepalesischen Partner unterstützte Provide im Mittleren Westen Nepals die Einführung von erneuerbaren Energien in Krankenhäusern und medizinischen Projekten für Nicht-Regierungsorganisationen (NRO/NGO). In über 25 kleinen Projekten werden in den folgenden zwei Jahren Photovoltaikanlagen und Solarwarmwasseranlagen für Krankenhäuser, Tageskliniken, Ernährungszentren, Reha-Einrichtungen und anderen Entwicklungsprojekte konzipiert und mit staatlichen Hilfen den Nepalis zur Verfügung gestellt. 

Zusätzlich beraten und schulen die internationalen Mitarbeiter von Provide lokale NGOs in den Bereichen Energienutzung, Projektmanagement, Finanzmanagement, Technik und Fremdsprachen. Dabei werden einheimische NGO-Mitarbeiter auch zusätzlich in den Bereichen Energiesparen, Klimaveränderung und Umweltschutz trainiert. 

Provide unterstützte und berät lokale NGOs im Bereich von anfallenden Bauvorhaben für Kliniken und Krankenhäuser.

Unsere Provide Mitarbeiter in Nepal unterstützen durch Trainings und Projektanalysen zusätzlich noch Entwicklungsprojekte in anderen Ländern Südost- und Zentralasiens.

Die von Provide unterstützten und beratenen Projekte kommen jährlich mehr als 50.000 Nepalis zugute und fördern den verantwortungsvollen Umgang mit Menschen, Energie und Umwelt.

Um Kontakt mit den verantwortlichen Projektleitern aufzunehmen, schreiben Sie uns hier bitte Ihr Anliegen mit dem Stichwort Nepal.

 

Auf den gefährlichsten Straßen der Welt

Ein Erfahrungsbericht

Wir brachen mit einem sechsköpfigen Team auf, um in den Bergen des Himalaja fünf Photovoltaik-Anlagen in medizinischen Einrichtungen zu installieren. Eine Reise, die uns über die gefährlichsten und höchsten Straßen der Welt führte:

Als erste Etappe fuhren wir zwölf Stunden mit dem Kleinbus an die indische Grenze nach Nepalgunj. Hier beluden wir abends den Geländewagen, um früh am nächsten Morgen in die Berge aufzubrechen. Wir wollten bis 19 Uhr die Stadt Manma in Kalikot erreichen. Wegen der extrem schlechten Straßen und unserer fast 800 Kilogramm Ladung waren wir abends jedoch noch nicht am Ziel. Wir entschieden uns zur Weiterfahrt bei Nacht, was ziemlich riskant ist. Die steinigen Bergpässe, oft nur Schotter- und Geröllpisten, führen ohne Leitplanken an bis zu 500 Meter tiefen Schluchten entlang. Da traut man sich kaum, runterzusehen. Um 21 Uhr platzte an einer steilen Passage ein Reifen. Bei 20 Grad Steigung wechselten wir im Dunkeln das Rad und erreichten um 23 Uhr endlich Manma.

Morgens um sechs Uhr ging es weiter. Doch schon fünf Minuten später war wieder eine Pause angesagt, denn mitten auf der engen Bergstraße – links die hohe Felswand, rechts der Abrgund – war unser letzter Ersatzreifen geplatzt. Wir kamen nicht mehr weiter. Die Lastwagen hinter uns und entgegenkommende Fahrzeuge stauten sich, ihre Fahrer hupten und gestikulierten wild. Wir versuchten, unser Auto trotz des platten Reifens noch an eine sichere Stelle zu manövrieren, wo Trucks und Autos vorbeifahren konnten. Viel Hupen und eine ganze Stunde später war das dann auch geschafft.

Wir warteten eine weitere Stunde, bis endlich ein Fahrzeug mit der gleichen Reifengröße vorbeikam, mit dem Leiter einer Straßenbaufirma, die weiter oben für die Regierung die Straße ausbaute. Er war freundlich, lieh uns seinen schon mehrmals geflickten Ersatzreifen, und wir konnten die Hälfte unserer Ladung in seinen Pickup umladen, um unseren Geländewagen zu entlasten. Gemeinsam fuhren wir bis zum Bauhof seiner Firma, wo wir unsere kaputten Reifen flicken lassen konnten. Nach etwas Verhandeln vermietete und sie Baufirma noch einen Pickup, so setzten wir gegen Mittag als Karawane unseren Weg nach Jumla fort.

Am nächsten Morgen teilten wir uns auf. Ein Team brachte das Material mit Trägern zu Fuß zu drei abgelegenen Distriktbüros. Das andere bereitete den Aufbau der Anlagen in Jumla vor und brach am nächsten Morgen die zwei Tagesreisen nach Gamgadhi auf. Wieder mussten wir mehr als 20 Mal anhalten, Steine von der steilen Straße räumen und mit Schaufel und Hacke Löcher im Weg ebnen. Stunden vor dem Ziel riss noch unser Kupplungsschlauch, was uns zu einer Übernachtung am Straßenrand zwang. Am nächsten Morgen organisierten wir Träger für unsere 250 Kilo Material und gingen die letzten vier Stunden zum Büro nach Gamgadhi zu Fuß.

Nach zwei geplatzten Reifen, einer gerissenen Kupplungsleitung, einer verbeulten Antriebswelle, 80 Stunden Fahrt, sechs Tagen zu Fuß, Durchfall, fünf neu aufgebauten Solaranlagen und jeder Menge neuer Erfahrungen kehrten wir nach Nepalganj zurück. Unsere Hilfe ist nur ein Lichtstrahl in der Nacht – die Solaranlagen dienen dazu, dass Menschen in entlegenen Regionen medizinisch geholfen wird. Aber genau das ist unser Auftrag: „Licht und Hoffnung ins Dunkel im Westen von Nepal zu bringen.